Elektrotherapie
Elektrotherapie ist ein Sammelbegriff für alle Behandlungsverfahren, die mit elektrischem Strom arbeiten. Die bekanntesten sind TENS, EMS, MENS, Iontophorese und Interferenztherapie.
Obwohl alle elektrische Impulse nutzen, unterscheiden sich deren Wirkungsweise und Wirkung. So wie Löffel, Messer und Gabel zwar alle Besteck sind, aber unterschiedliche Verwendungszwecke haben. Es gibt einfachere und günstigere Geräte, die nur eine Stromart, also eine Behandlungsart bieten, z. B. nur TENS, nur Muskelstimulation (EMS) oder nur Iontophorese.
Heutzutage verfügen die meisten elektrotherapeutischen Geräte über mehrere Funktionen und bieten somit verschiedene elektrotherapeutische Behandlungsarten. Je komplexer ein Gerät, desto teurer ist es in der Regel, aber es kann auch für mehr unterschiedliche Beschwerden angewendet werden.
Ein teureres Gerät ist nicht unbedingt besser für dich, da es viele Programme enthalten kann, die du möglicherweise gar nicht benötigst. Solche Geräte sind oft für Physiotherapeuten gedacht, die viele Patienten behandeln. Z. B. benötigt man z.B. den Genesy 600 oder 1500 mit einem Programm zur Behandlung denervierter Muskeln nur, wenn du periphere Muskellähmungen behandeln möchtest.
Willst du nur Schmerzen lindern oder deine Muskeln stärken, ist es nicht notwendig, ein Gerät mit den meisten Programmen zu kaufen, denn die Wirkung hängt davon nicht ab!
Bevor du ein Gerät kaufst, prüfe, welche Behandlungstypen und Funktionen du brauchst, und entscheide danach!
Elektrostimulatoren werden seit Jahrzehnten erfolgreich in der Physiotherapie eingesetzt.
Sieh dir das Video von Dr. Zsolt Zátrok über Elektrotherapie-Methoden an, die auch zu Hause angewendet werden können.
Arten der Elektrotherapie
Wichtigste Elektrostimulationsverfahren
- TENS - Transkutane Elektrische Nervenstimulation: eine medikamentenfreie und nebenwirkungsfreie Methode zur Linderung physischer Schmerzen.
- EMS oder auch NMES - elektrische Muskelstimulation wird in der Sport- und muskuloskelettalen Rehabilitation eingesetzt.
- Denervierte oder selektive Reizstromtherapie zur Behandlung von gelähmten Muskeln mit verlorenem Motorinnerv.
- FES - Funktionelle Elektrische Stimulation für spezielle Erkrankungen.
- TES - Threshold Electric Stimulation (Schwellenwertstimulation)
- Iontophorese (Ionenwanderung) zum Transport von Wirkstoffen in tiefes Gewebe.
- Leitungswasser-Iontophorese - Behandlung der pathologischen Hand-, Fuß- und Achselhyperhidrose.
- Mikroströme (MENS) - sehr niedrige Stromstärken bei schmerzlindernder und heilender Therapie.
- Kotz (Russian) - mittel- bis hochfrequente Anwendung zur Muskelbehandlung in der Klinik.
- Interferenzstrom - vielseitige, schmerzlindernde, ödemreduzierende und heilende Therapie für den klinischen Einsatz.
Im Folgenden eine ausführlichere Beschreibung.
TENS (Nervenstimulation)
Eine Methode zur Schmerzlinderung, bei der die Impulse die Schmerzsignale "überdecken" und so Beschwerden vorübergehend beseitigen. Diese Behandlung hat keine oder nur minimale Heilwirkung, sie wirkt nicht auf die Muskeln, sondern lindert temporär die Schmerzen. Vorteil gegenüber Medikamenten: keine Selbstvergiftung und keine Nebenwirkungen.
Die schmerzlindernde Wirkung von TENS ist bereits während der Behandlung spürbar und hält einige Stunden an.
EMS / NMES (Muskelstimulation)
Die zwei Begriffe - EMS (Electrical Muscle Stimulation) und NMES (NeuroMuscular Electrical Stimulation) - bezeichnen dieselbe Methode.
Diese Behandlung richtet sich an Muskeln mit intaktem Motorinnerv.
Sie ist nicht geeignet für Muskeln mit sogenannter peripherer Lähmung! Hierfür ist die selektive Reizstromtherapie (denerviert) notwendig, siehe unten.
Die Wirkung von EMS variiert je nach eingestelltem Programm. Unterschiedliche Stimulationsarten werden eingesetzt, um Muskeln zu entspannen, Muskelleistung zu steigern oder die Genesung nach Operationen zu beschleunigen. Durch Muskelkontraktionen wird die Blutzirkulation um bis zu 300 % erhöht, was die Durchblutung fördert und Heilungsprozesse unterstützt. Dadurch werden auch muskelschmerzhafte Beschwerden oft stärker gelindert als mit TENS.
Diese Methode ist ideal zur Wiederherstellung von Muskelkraft, Muskelmasse, Haltung und Funktion bei verschiedenen Erkrankungen wie Inkontinenz, Muskelschwund, Bandscheibenvorfall, Hexenschuss, Ischias, Krampfadern, Gefäßverengungen, Muskelschmerzen sowie Nacken-, Rücken-, Lenden-, Knie- und weiteren Muskelschmerzen. Sie hilft auch bei Muskelsteifigkeit infolge zentraler Schädigungen wie Parkinson, ALS, Multipler Sklerose und fördert die motorische Rehabilitation nach Schlaganfällen.
Der Muskelaufbau benötigt Zeit. Eine einmalige Stimulation reicht nicht: Sportler trainieren regelmäßig, nicht nur einmal vor einem Wettkampf. Die Stimulation sollte 1-2 mal täglich angewendet werden. Verbesserungen sind nach 2-3 Wochen spürbar und die Behandlung sollte über 2-3 Monate konsequent fortgeführt werden. Bei einigen Erkrankungen (Lähmungen) kann eine langfristige Anwendung über Jahre erforderlich sein.
Manche Behandlungsarten haben eigene Namen, sind aber im Grunde spezielle Anwendungen oder Formen der Muskelstimulation.
Schwellenwertstimulation (TES - Threshold Electric Stimulation).
Eine Muskelstimulation mit sehr niedrigem Strom, die über Stunden angewendet wird. Sie verursacht keine sichtbare oder spürbare Muskelkontraktion, hat aber positive Effekte auf den allgemeinen Zustand der Muskeln.
Funktionelle Stimulation (FES - Functional Electric Stimulation).
Diese Muskelstimulation zielt darauf ab, verlorene Fähigkeiten zurückzugewinnen. Zum Beispiel die Behandlung von Inkontinenz. Ebenfalls behandelt sie Muskelsteifigkeit nach Gipsabnahme oder die Muskelkraftminderung durch schwere Erkrankungen.
Selektive Reizstromtherapie (Stimulation denervierter Muskeln)
Diese Methode dient zur Behandlung von Muskeln, deren motorischer Nerv geschädigt oder verloren ist (denerviert). Typisch sind periphere Lähmungen, die durch Nervenverletzungen bei Unfällen oder Operationen oder durch Bandscheibenvorfälle, Wirbelkanalverengungen usw. entstehen. Auch eine Fazialisparese zählt dazu. Denervierte Muskeln sprechen nicht auf normale EMS-Behandlungen an! Darum sind spezielle Impulse notwendig. Die Nervenheilung dauert sehr lange, meist mehrere Monate bis Jahre. Ohne Elektrotherapie verkümmern die Muskeln. Selbst wenn der Nerv heilt, kann er keine funktionierenden Muskeln mehr finden. Deshalb sollte der Stimulator bei peripheren Lähmungen täglich 2-3 mal angewendet werden.
Der Muskelaufbau bei denervierten Muskeln dauert sehr lange. Erste positive Anzeichen zeigen sich meist erst nach mehreren Monaten, und die Therapie kann über Jahre notwendig sein.
Ein Gerät mit selektiver Reizstromfunktion ist nur nötig, wenn du denervierte Muskeln behandeln möchtest.
Mikroströme (MENS)
Mikroströme wirken schmerzlindernder als TENS und fördern Heilung und Regeneration. Sie sollten bei allen Entzündungen sowie Muskel- und Bänderverletzungen eingesetzt werden. Gut geeignet bei Arthrose, Arthritis, Karpaltunnelsyndrom, Tennis- und Golferellenbogen, Frozen Shoulder, Rotatorenmanschettenentzündung, Nacken-, Rücken- und Lendenschmerzen, Hexenschuss, Ischias, Nerventzündungen, Piriformis-Syndrom, Hüft- und Knieschmerzen, Fersen- und Plantarfasziitis sowie Spornschmerzen.
Die entzündungshemmenden Prozesse entwickeln sich langsam über Wochen. Da viele Beschwerden chronisch sind, ist eine mehrwöchige und konsequente Mikrostromtherapie notwendig.
Mikroströme fördern die körpereigenen Heilungsprozesse, einzelne Anwendungen zeigen nur minimale Ergebnisse. Es sind mindestens 40-50 Anwendungen erforderlich. Tägliche Behandlung ist wichtig; bei längeren Pausen muss die Kur neu begonnen werden.
Iontophorese
Bei der Iontophorese wird Gleichstrom verwendet, um geladene Wirkstoffe gezielt an die Behandlungsstelle zu transportieren, wodurch der Umweg über den Verdauungstrakt vermieden wird. Die Medikamente gelangen so direkt und effizient in das Zielgebiet, z.B. in ein verletztes Gelenk.
Der Strom fließt zwischen zwei Elektroden, die beidseitig am Gelenk platziert werden, und transportiert die Wirkstoffe in das Gewebe.
Eine Kur von mindestens 10 Behandlungen ist notwendig, um Wirkung zu erzielen.
Leitungswasser-Iontophorese: Eine spezielle Form der Iontophorese, die sehr effektiv bei der Behandlung von pathologischem Schwitzen an Händen, Füßen und Achseln ist.
Kotz (Russian)
Bei der Kotz-Behandlung wird ein spezieller mittel- bis hochfrequenter elektrischer Strom verwendet, der tief in die Muskeln eindringt. Diese Stimulation zielt auf die Muskelfasern ab und regt Muskelkontraktionen an, ähnlich wie natürliche Muskelarbeit.
Die Hauptwirkung besteht im Muskelkraftaufbau. Zudem verbessert sie die Muskelausdauer und beschleunigt die Regeneration nach Verletzungen.
Sie verbessert die Kommunikation zwischen Muskeln und Nervensystem und unterstützt so die motorische Kontrolle, insbesondere in der Rehabilitation nach Verletzungen.
Interferenzstrom
Die Interferenzstromtherapie (IF) ist eine Form elektrischer Behandlung. Sie wird vor allem zur Schmerzlinderung, Muskelentspannung sowie zur Förderung der Durchblutung und Heilungsprozesse eingesetzt.
Bei der IF-Therapie werden mittels zweier Kanäle mittel- bis hochfrequente elektrische Ströme an verschiedene Körperstellen geleitet. Diese Ströme überlagern sich im Körperinneren und interagieren – daher der Name "Interferenz".